,,Das Leben, das ich selbst gewählt (Hermann Hesse)
Ehe ich in dieses Erdenleben kam -Ward mir gezeigt, wie ich es leben würde.
Da war die Kümmernis, da war der Gram,- Da war das Elend und die
Leidensbürde.
Da war das Laster, das mich packen sollte, - Da war der Irrtum, der gefangen
nahm.
Da war der schnelle Zorn, in dem ich grollte, - Da waren Haß und Hochmut,
Stolz und Scham.
Doch da waren auch die Freuden jener Tage, - Die voller Licht und schöner
Träume sind,
Wo Klage nicht mehr ist und nicht mehr Plage, - Und überall der Quell der
Gaben rinnt.
Wo Liebe dem, der noch im Erdenkleid gebunden, - Die Seligkeit des
Losgelösten schenkt,
Wo sich der Mensch der Menschenpein entwunden - als Auserwählter hoher
Geister denkt.
Mir ward gezeigt das Schlechte und das Gute, - Mir ward gezeigt die Fülle
meiner Mängel.
Mir ward gezeigt die Wunde draus ich blute, - Mir ward gezeigt die Helfertat
der Engel.
Und als ich so mein künftig Leben schaute, - Da hört ein Wesen ich die Frage
tun,
Ob ich dies zu leben mich getraute,- Denn der Entscheidung Stunde schlüge
nun.
Und ich ermaß noch einmal alles Schlimme.- "Dies ist das Leben, das ich
leben will!"-
Gab ich zur Antwort mit entschloßner Stimme. - So wars als ich ins neue
Leben trat
Und nahm auf mich mein neues Schicksal still. -So ward ich geboren in diese
Welt.
Ich klage nicht, wenns oft mir nicht gefällt,
Denn ungeboren hab ich es bejaht...
Alter: 41
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